Projektbericht
HFMA – Workshop „FullDomeFilme“: Narrative IMMERSION
Uraufführung der neuen Filme zum 3. FullDomefestival am 24./25. April im Planetarium Jena
„Man kann sich die Dimensionen dieser neuen Leinwand kaum vorstellen. Die Kuppel misst 25 Meter im Durchmesser, die 360°-Leinwand umschließt den Zuschauer und bietet ca. 800 Quadratmeter Projektionsfläche. Jedes einzelne Bild der Filmsequenzen muss – aus mehreren zusammengesetzt – quadratisch angelegt werden, mit einer Kantenlänge von gigantischen 3000 x 3000 Pixeln. Die Gesetze der Schwerkraft scheinen plötzlich aufgehoben: „Oben“ befindet sich nicht mehr an der Oberkante eines rechteckigen Bildes, sondern in der Mitte eines Rundbilds. Erst Gehirnakrobatik, dann ‘Renderwahn’, denn abschließend müssen die abertausend quadratischen Einzelbilder für die Krümmung der Kuppel rund gerechnet werden...“ RP 06
Seit 2006 – mit der Einrichtung der neuen Laser-Ganzkuppelprojektion im Zeiss Planetarium Jena –realisieren Studierende der HfG unter der Leitung von Prof. Rotraut Pape und Dozentin Birgit Lehmann narrative Filme, die dieser ganz besonderen räumlichen Situation Rechnung tragen, die es erlaubt, Film immersiv zu erleben. Wie im wahren Leben sind die Zuschauer ringsum von Bildern umgeben und müssen sich bewegen, um die Geschichten zu verfolgen. Jeder sieht genaugenommen einen anderen Film. Erlöst vom Standpunkt des externen Beobachters rücken wir als teilnehmende Betrachterinnen ins Zentrum der uns umgebenden Welt.
In Zusammenarbeit mit der Bauhaus Universität Weimar, der Muthesius Kunsthochschule Kiel, der FH Kiel, der HfG Offenbach und dem Planetarium Jena wurde im Jahr 2007 das erste deutsche FullDomeFestival gegründet. Die HfG nahm mit bislang ca. 20 Filmen an den beiden Festivals in den Jahren 2007 und 2008 teil. Nicht nur in Deutschland taucht man in die neuen Dimensionen ein: Der Computeranimationsfilm von Thorsten Greiner/HfG „50 Prozent Illusion“, gewann neben dem Publikumspreis des 2. FullDomeFestivals Jena 2008 den Domefest-Award 2008 für "Best Artistic Production" auf dem renommierten Domefest im Adler Planetarium in Chicago (USA). Das Planetarium Beijing mit baugleicher Zeiss-Technik wie in Jena plant Veranstaltungen mit unseren Werken. Das Dome-Festival in Portugal findet unglücklicherweise am selben Wochenende wie in Jena statt. Das Projekt ist international ausbaufähig. In Ermangelung der komplexen Projektionstechnik und der architektonischen Gegebenheiten wurden im März 2009 im Deutschen Filmmuseum Frankfurt („Lost Media“) etliche Filme aus dieser Reihe als flache Bodenprojektionen präsentiert.
Im Rahmen der neu gegründeten hessischen Film- und Medienakademie bot die HfG/Prof. Rotraut Pape dem Verbund der 13 hessischen Kunsthochschulen, Universitäten und Fachhochschulen einen FullDome Workshop an. Zeiss Jena und die Bauhaus Universität Weimar luden nach Jena zu einem Initiierungs-Wochenende, bei dem die hessischen NeueinsteigerInnen mit den technischen Anforderungen vertraut gemacht wurden, man lernte sich kennen und sah dann auch endlich die Filme im großen Planetarium, die in den letzten beiden Jahren realisiert wurden. Prof. Dr. Christian Janecke, Lehrstuhl Kunstgeschichte an der HfG Offenbach, hielt einen Einführungsvortrag für alle teilnehmenden Hochschulen in Gießen: „Immersion in der Kunst“. Unter der Leitung von Birgit Lehmann entwickelten Studierende der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Hochschule Darmstadt und der HFG Offenbach anschließend Drehbücher und neue Erzählformen für 360 Grad Kuppel-Filme, deren Realisierung dann technisch betreut wurde von Studierenden der HfG, die schon selbst einige FullDomeFilme gemacht hatten - (Tutorin: Anna Pietocha).
Die im Rahmen des hFMA – Workshops entstandenen FullDomeFilme werden zum 3. FullDomefestival am 24. und 25. April im Planetarium Jena uraufgeführt.
Filme:
CHAOS, KOSMOS, MU!
von Matthias Winckelmann, HFG Offenbach
1:30 min, 2009
Am Anfang war das Chaos und am Ende ist es immer noch.
Der Mensch hat nur erkannt, dass es eine höhere Ordnung ist.
Eine chaotische Ordnung, die unser Dasein bestimmt und alles herrlich unerwartet macht.
APOKALYPSE BAUHAUS
von Thomas Bannier, HFG Offenbach
2 min, 2009
Fünf Arbeiter, überrascht von einer plötzlichen Bauhaus-Renaissance!
IGEL IM WALD
von Tatjana Matvejeva, HfG Offenbach
1:30 min, 2009
Wie der Igel den Fuchs überlistet.
Ein kleiner Igel im Wald hat es nicht immer leicht, denn hinter jedem Baum lauert die Gefahr. Um zu überleben, lässt er sich etwas Außergewöhnliches einfallen.
ZWEI POTEMKINSCHE DÖRFER
von Cornelia Schendel und Tobias Hornig, HfG Offenbach
3:50 min, 2009
Wenn Gefälschtes und Reales gleichermaßen durch sich selbst legitimiert werden. Ein unterfränkisches Dorf wird seiner Idylle beraubt während eine alte Dame sich der angenehmsten Form des Nichtstuns widmet. In beiden Situationen bestimmt die Umgebung das Verhalten.
DIE VERTEIDIGUNG DES
GESUNDEN MENSCHENVERSTANDS
IN DEFENSE OF COMMON SENSE (engl.)
Eine DokumentarFullDomeFilm von Jos Diegel, HfG Offenbach
2:15 min, 2009
Es sind Menschen, wie wir, Barthes, Ali, Rourke, Aronofsky, Warhol, Jarman, Hogan, Johnson und McMahon, die die Dinge inszenieren und geschehen lassen und es sind Menschen, wie wir, die sie verändern können, das ist Realismus. Wrestling als Immersion, bis zu dem, was es wirklich ist, die epische Situation platziert am Schauplatz großer Gesten, der Arena oder dem Dome. Immersion und Manipulation sind gegenwärtig im Wrestling, aber vor allen Dingen verständlich.
DIE VERTEIDIGUNG DES GESUNDEN MENSCHENVERSTANDS
ist ein DokumentarFullDomeFilm von Jos Diegel über die Geste, die Dialektik, den Realismus, die Katharsis, den repräsentativen und den konspirativen Charakter. Es sind die menschlichen Eigenschaften, die für die Unterbrechung einer Immersion sorgen und stattdessen eingreifen in die emotionale Debatte und Erfahrungen machen über die Möglichkeit von Möglichkeiten. Der Verstand, der Körper, das Gimmick, der Move. Es sind Menschen, wie wir, Barthes, Ali, Rourke, Arnofsky, Warhol, Jarman, Hogan , Johnson und McMahon, die die Dinge inszenieren und geschehen lassen und es sind Menschen, wie wir, die sie verändern können. Realismus auch im Wrestling ist, wenn Realität als veränderbar dargestellt wird.
Das Publikum will das Ideal, die Umsetzung einer Ikonographie und ihre ständige Zerstörung. Dabei wird oftmals viel weniger der Sieg verherrlicht und anerkannt, als das öffentliche Scheitern ausgiebig gefeiert. Der Verlierer führt vor den Augen des Betrachters das gesellschaftlich inakzeptable Spektakel der Kraftlosigkeit, des Unvermögens und der Alternativlosigkeit vor. Wrestling ist das idealisierte Verständnis der Dinge, die Euphorie des Menschen über den Kampf zwischen Gut und Böse, das über die Konstitutionen des alltäglichen Lebens erhoben wird und an einen universellen und natürlichen Ort gerät mit Sicht auf das gesellschaftliche Panorama, den Full Dome. Da es eine Konspiration ist, derer sich alle Beteiligten, die Protagonisten und das Publikum, bewusst sind, entsteht durch Inszenierung eine potentielle Verständlichkeit von Manipulierbarkeit. Daher ist Wrestling ist viel weniger eine Illusion, eine Lüge als die gesellschaftliche Arena, die wir jeden Tag betreten. Wrestling ist immer wirklich inszeniert und hat niemals behauptet, nicht inszeniert zu sein. Verschwörung, Immersion und Manipulation sind in vielschichtiger Weise gegenwärtig im Wrestling und vor allen Dingen nachvollziehbar. Wrestling ist eine Immersion, aber immer nur bis zu dem, was es wirklich ist, die Welt großer, ausschweifender Gesten. Im Wrestling existiert nichts, außer im Absoluten, das bezeichnet den theatralischen und epischen Charakter. Die Bühne der des Leids und der Leidenschaften, der Ring, die Quadratur des Kreises, platziert sich am Schauplatz großer Gesten, dem Colosseum oder einer Kathedrale, der Arena oder dem Dome. Am Freitag, den 24. April 2009 tritt IN DEFENSE OF COMMON SENSE im Full Dome in Jena zurück ins kollektive Bewusstsein um sich erneut aufzulösen!
Eine Dokumentation über die Geste, die Dialektik, den Realismus, die Katharsis, den repräsentativen und den konspirativen Charakter, über IN DEFENSE OF COMMON SENSE 2008.
Zum großen Festival der Filmhochschulen in München im November 2008 war die HfG mit einem Experimentalfilm des Malerei- und Filmstudenten Jos Diegel vertreten. „Größere Leinwände – Längere Hälse“ ist die „Flachversion“ seines gleichnamigen 360°-Films, der zum 2.FullDome-Festival im Zeiss-Planetarium Jena Premiere feierte.
AWAKEN
von Theresa Maué, Moritz Heimsch / Fakultät Media-Arts & Science der Hochschule Darmstadt
4:40 min, 2009
Es lebt!
Aus Neugierde brechen drei junge Erwachsene in ein leerstehendes Haus ein. Ihre Vermutung, dass sich hinter den geschlossenen Rollläden ein Geheimnis verbirgt, bestätigt sich.
